Virtual Reality stellt neue Anforderungen an das Storytelling

Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) sind nicht technische Spielereien, die nur von Gamern intensiv genutzt werden. Sie können auch für Werbungtreibende äußerst interessant sein. Dies wurde während der MEDIENTAGE MÜNCHEN bei einer Experten-Diskussion deutlich.

 

Aleksandra Solda-Zaccaro von der Geschäftsleitung der Agentur Territory schilderte die positiven Erfahrungen, die sie mit entsprechenden Anwendungen im Auftrag von Kunden bislang gemacht habe. So habe ihre Agentur für DB Mobil, dem Kundenmagazin der Deutschen Bahn, eine AR-Anwendung entwickelt, die den Comedian Jan Böhmermann als „lebendes Titelbild“ inszenierte. Für den Kunden TÜV Süd seien komplexe Dienstleistungen über 360-Grad-Videos verständlich inszeniert worden. Und auch die Automarke Lamborghini, die bislang eine Zeitschrift produzieren ließ, investiert in Virtual Reality. Über eine entsprechende App konnte man den Sportwagen virtuell nicht nur sehen, sondern auch fahren und den Sound seines Motors hören.

 

Bislang befinde man sich beim Content Marketing, das auch AR- und VR-Welten integriere, allerdings erst am Anfang, so die übereinstimmende Ansicht der Diskussionsteilnehmer. Patrick Breitenbach, Head of Brand Consulting & Strategic Innnovation von ZDF Digital, gab an, dass man mit eher dokumentarischen VR-Aufnahmen wie Mount-Everest-Expeditionen, einem Rundgang durch das Weiße Haus mit dem Präsidenten-Ehepaar Obama oder journalistischen Reportagen aus Krisengebieten den größten Zuspruch erhalten habe. In erster Linie eigneten sich VR-Videos für Aufnahmen aus Gegenden, die der Zuschauer sonst nicht betreten könne, weil sie zu schwer zu erreichen oder zu gefährlich seien oder eine Reise dorthin schlicht zu teuer sei.

 

Christian Gersmeier, Director Strategic Marketing bei ProSiebenSat.1 Media, erinnerte daran, dass Virtual-Reality-Produktionen völlig neue Anforderungen an das Storytelling stellen. Anders als in anderen Medien müsse das Drehbuch mehrdimensional angelegt sein, weil VR-Inhalte dem Nutzer durch dessen höchst individuelle Nutzung die unterschiedlichsten Perspektiven und Zugangsmöglichkeiten bieten müssten. Gleichzeitig dürfe man Rezipienten durch die vielen technischen Möglichkeiten nicht überfordern und müsse durch Einstellungen und Schnitt eine virtuelle Reise strukturieren. „Die Technik“, so betonte Gerstmeier, „darf nicht zum Selbstzweck werden.“ Ähnlich argumentierte Solda-Zaccaro: „VR und AR sind ein vollkommen anderer Kanal als das, was wir bisher kannten. Das Storytelling bekommt eine völlig neue Bedeutung.“

 

Ein Problem bei der werblichen Nutzung stellt nach Meinung der Diskussionsteilnehmer der bisherige Mangel an belastbaren Daten über die Erfolge und Wirkung von VR-Videos und 360-Grad-Filmen dar. Patrick Breitenbach wies darauf hin, dass es stets die erste Hürde sei, den Kunden, die bislang keine Erfahrung mit Virtual Reality gemacht haben, die neuen Möglichkeiten nahezubringen. Beim ZDF habe man deshalb einen Showroom eingerichtet, wo Kunden interaktive Anwendungen testen könnten. Die meisten ließen sich dann für entsprechende Projekte begeistern.

 

Trotz erster Erfolge und positiver Erfahrungen wurde im Laufe der Diskussion deutlich, dass VR, AR und 360-Grad-Videos noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Alle Experten attestierten VR- und AR-Applikationen indes ein großes Potenzial. Anders als die 3D-Technologie könne Virtual Reality, so unterstrich Gerstmeier, tatsächlich die nächste Evolutionsstufe des Fernsehens darstellen.

 

Medientage München