Medial und öffentlichkeitswirksam gescheitert (worden): Manfred Weber bei Markus Lanz

155 Fernsehsender, 770 TV-Journalisten, 260 Print- und Online-Vertreter, 170 Agentur-Gesandte und 70 Reporter. Das Medieninteresse zur EU-Wahl 2019 war so groß wie nie. Mitten drinnen: Manfred Weber. Ein bürgernaher Politiker, nicht elitär aber, so heißt es aus manchen Kreisen, zu unerfahren sowie dem Spektakel nicht gewachsen. Am Ende scheiterte er. Dass er vielleicht genau das Gegenteil ist, eventuell sogar der, den sich viele EU-Bürgerinnen und Bürger gewünscht hätten, jenes beweist er letzten Donnerstagabend, den 08.08.2019, bei Markus Lanz.

 

„THE POEWR OF WE WEBER“, so verlautet es auf der Website des europäischen Spitzenpolitikers. Power, Euphorie und Wille zum Einsatz. The Candidat for President of the European Commission zeichnet am späten TV-Abend ein ehrliches Bild von einer Wahlkampfzeit, die er nicht missen will und wohl dennoch nicht vermisst. Mit einem wärmenden und durchaus respektvollen Applaus wird er im Hamburger Fernsehstudio in Altona bei Markus Lanz vom Publikum begrüßt. „Das passiert nicht oft“, vermeldet der Moderator. Und Weber kann den Applaus gebrauchen, wenngleich er weiß: Neben Respekt und Anerkennung schwingt wohl auch ein bisschen Mitleid im Beifall mit.

 

Ein kurzes Resümee: Seit 2014 ist Weber Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, am 08.11.2018 wird er dort zum Spitzenkandidat für das mächtigste Amt in der EU gewählt – ein Ingenieur aus Bayern. Europaweit tourt er, spricht mit Menschen, Politikern, Gegnern und wohlgesonnenen. Am Ende gewinnt die EVP, sie stellen sogar den Kommissionspräsidenten. Doch der abgekämpfte und parteilich siegreiche Weber, so sollte man meinen, wird es nicht. Stattdessen: Ursular von der Leyen, der zähe Kompromiss von 28 Regierungspräsidenten.

 

Eva Quadbeck, Medienprofi als Mitglied der Chefredaktion der Rheinischen Post fasst es wohl alternativ aber auf den Punkt zusammen: Manfred Weber ist der abgekämpfte Gewinner eines Marathons und muss den Siegtitel einfach an von der Leyen abgeben. Im Gegensatz zu Weber kommt diese frisch geduscht und geföhnt aus der Dusche, ergänzt Lanz.

 

Ohne Warmmachphase startet Markus Lanz gleich zu Anfang das Gespräch mit Manfred Weber. Und der ZDF-Mann drückt direkt aufs Gas. Neben ihm sitze ein Mann, der „erfahren musste, wie brutal Politik wirklich sein kann“ und der „nur einen Atemzug von einem der mächtigsten Ämter der Welt entfernt“ war. Dem konnte der CSUler nur zustimmen und betonte an dem Abend mehrmals: „Es schmerzt(…)es tut absolut persönlich weh(…)man spürt auch einen gewissen Frust.“ Und auch der Einspieler lässt eine gewisse Fallhöhe erkennen: Ein enthusiastischer Weber setzt sich für demokratische Prinzipien ein und will die europäische Politik rausziehen „aus den Hinterzimmern des Rates“, die Bürger entscheiden lassen. Am Ende geschah genau dies nicht. Die verschiedensten Kräfte und Strömungen sowohl im EU-Parlament als auch im europäischen Rat waren einfach zu stark. Letztendlich scheiterte Weber am französischen Präsidenten, der nach Quadbeck zeigen wollte, wer in der EU „die Hosen an hat“. Der Bayer sei zu unerfahren und, so vermutet die Journalistin der Rheinischen Post, am Ende zu wenig Elitär. Denn von der Leyen und Macron sind sich sehr ähnlich. Beide hochgebildet und auf dem internationalem Politikparkett stets sichtbar.

 

Aufgeben und hinschmeißen möchte Weber aber nicht: “Ich brenne für ein geeintes Europa. Von diesem Brennen wir mich niemand abbringen.“ 

Die Medienlandschaft zur Europawahl

Bereits vor der Europawahl hat die EU-Kommission einen Aktionsplan gegen Desinformation bzw. Fake-News vorgelegt. Die vierte Säule der Demokratie müsse gefestigt werden. Im Kampf gegen Desinformation, die Dominanz sozialer Plattformen und die Krise des Mediensektors besteht die Chance die Demokratie zu stärken. Zusammengefasst kann man sagen, dies ist gelungen: Soziale Plattformbetreiber wie Facebook und Twitter wurden in die Pflicht genommen, Mittel für Analysegruppen wurden verdoppelt und ein Schnellwarnsystem wurde installiert.

 

Zudem engagierte sich auch die Medienlandschaft selbst ganz bewusst gegen Desinformation und nahm sich in die Pflicht: Der englischsprachige Twitter-Kanal des Auswärtigen Dienstes informierte gegen Propaganda @EU_Mythbuster, das Team @Bundeswahlleiter wiederlegte falsche Behauptungen, WDR-Journalisten überprüften in der Rubrik #wahlwatch Wahlkampfaussagen und auch das ZDF widmet sich mit #ZDFcheck19 der Europawahl. Auch die EU-Kommission startet einen Mythen-Faktencheck, die Tagesschau den Klischee-Check und der Bayerische Rundfunk den Kandidatencheck #Faktenfuchs-Redaktion. Correctiv, ein Recherchenetzwerk, wiederlegte zudem irreführende Behauptungen über die Europawahl in ihrer Rubrik Faktencheck und @correctiv_fakt.