
„The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It“, das tittelte die New York Times am 18. Januar 2020. Gemeint ist ein bis dato kaum bekanntes Startup: Clearview AI. Aritficial Intelligence (AI) steckt bereits im Namen des Technologieunternehmens und auf dieser Basis baut das Modell des Newcomers auf. Von Milliarden gescannten und in Datenbanken gespeicherten Bildern ist die Rede – alle frei zugänglich durch beispielsweise soziale Netzwerke oder auch Arbeitgeberprofile.
Sogenannte Scraper scannen automatisch das worldwide Web und identifizieren frei zugängliche Fotos. Algorithmen erkennen Gesichtszüge, messen diese biometrisch aus und erstellen einen digitalen Fingerabdruck. Die gespeicherten Informationen sind dabei so minimal, dass eine Auswertung per App in kürzester Zeit möglich ist und kongruente Informationen automatisch zu einem Profil zusammengetragen werden. Clearview selbst hat sich auf die Fahne geschrieben, dass sie durch ihre Technologie ausschließlich Gutes tun, primär heißt das: Die Kooperation mit Strafverfolgungsbehörden; hauptsächlich in den USA sowie Kanada, wie bisher bekannt ist. Dabei sollen Täter und Opfer identifiziert sowie Verbrechen aufgeklärt werden.
Interessant ist, dass die Informationen zu dem von Hoan Ton-That gegründeten Unternehmen nur spärlich gesät sind. Auch die Website von Clearview selbst enthält nur wenige Informationen zur angewandten Technologie, zu Kooperationen mit nicht-staatlichen Organisationen oder zu dem Thema Datenschutz. Ebenso ist kaum bekannt, wie erfolgreich und genau die Software bisher tatsächlich war bzw. arbeitet – hier verlaufen die Informationen sehr diametral. Während das Unternehmen selbst davon spricht, zur Verbrechensbekämpfung beigetragen zu haben, wird auch Widerspruch seitens der Polizeibehörden laut. Andere Behörden leugnen gar die Zusammenarbeit.
Die letztendlich triviale Technologie, welche lediglich bereits existierende zusammenfügt und dadurch eine neue Anwendung schafft, muss jedoch äußerst kritisch gesehen werden. Weder existieren Schranken für Clearview, noch ist überhaupt bekannt, wie mit den hochsensiblen Daten umgegangen wird, wer welche Informationen einsehen darf und in welchem Umfang die Systeme vor Hackerangriffen geschützt sind – letztendlich werden die Algorithmen des Technologieunternehmens sogar von staatlichen Einrichtungen gefüttert, ohne Hoheit über die eigens eingepflegten Daten, davon ist zumindest auszugehen.