
(Medientage, 2019) Podcasts bieten über das Internet abonnierbare Audio-Dateien, die sich auf unterschiedlichen Endgeräten speichern und abspielen lassen. Bei einem Podcast-Special der MEDIENTAGE MÜNCHEN erklärten Experten der Podcast-Szene, dass vor allem der Faktor Zeit ein wesentlicher Bestandteil bei der Produktion, Rezeption und Vermarktung von Podcasts sei. „Die Protagonisten eines Podcasts nehmen sich Zeit, um sich zu einem bestimmten Thema zu unterhalten. Die Zuhörer nehmen sich Zeit, um den Podcast zu hören“, brachte Stefan Zilch, Regional Managing Director des schwedischen Podcast-Netzwerk Acast den Unterschied zwischen der Nutzung von Podcasts im Vergleich zur Nutzung anderer sozialer digitaler Medien auf den Punkt. Die große Aufmerksamkeits-bereitschaft der Nutzer führe zu einer starken Kundenbindung, wodurch Podcasts zum Beispiel für Werbekunden als Werbeträger interessant seien. Dadurch würden Einnahmen für die Finanzierung generiert. Das war der Tenor der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Podium.
Jamie Morton und James Cooper, Podcaster des Formats „My Dad Wrote a Porno“, hoben in dem Gespräch mit dem Panel-Moderator Martin Liss, Managementberater & Unternehmensentwickler, hervor, dass bei der Erstellung von Podcasts Authentizität das Wichtigste sei. „Wir streben keine Professionalisierung durch Editoren oder Nutzung eines professionellen Studios an, sondern senden aus unserer Küche“, erklärte Morton. „Durch Authentizität bauen wir eine treue Zuhörerschaft auf, die bei Werbung nicht wegklickt, sondern sich den Werbespot anhört“, ergänzte Cooper.
Die anschließenden Keynote präsentierte Mirijam Trunk, Geschäftsführerin von Audio Alliance, ein Zusammenschluss aller Audio-Einheiten des Medienunternehmens Bertelsmann. Trunk erklärte, dass die Audio Alliance eigens dafür gegründet worden sei, um Podcasts zu erstellen. Ihr Unternehmen habe erkannt, dass eigene Podcasts die Grundlage des Audio-on-Demand-Geschäftsmodell seien. Um von „Abspielplattformen“ unabhängig zu werden, habe man eine ganzheitliche Lösung gesucht. „Mit dem Unternehmensbereich Audio Alliance sind Produktion, Vertrieb und die Generierung sowie Analyse von Daten der Nutzer der Podcasts in einer Unit zusammengefasst“, sagte Trunk.
Emilie Denètre und Adele Humbert, Gründerinnen des französischen Formats Insider Podcasts, erklärten in ihrem Vortrag den Erfolg ihres Podcasts damit, dass sie investigativen Journalismus „verpackt in zeitlich stark ausgedehnte Geschichten“ anbieten. „Wir haben einen eigenen narrativen Stil entwickelt, den es in der Form bei den Podcasts in Frankreich noch nicht gab“, sagte Denètre. „Durch diese einzigartige Positionierung am Markt erhalten wir viel Aufmerksamkeit bei unseren Zuhörern und bei Werbekunden“, ergänzte Humbert. Zilch bestätigte in seinem Vortrag, Podcasts ermöglichten, innovativen Content zu produzieren, wodurch sie für Werbekunden als Werbeträger interessant seien.
Isa von Heyl, Head of Video & Audio des Magazins stern, ging in ihrem Vortrag auf die positiven Auswirkungen des digitalen Geschäftsbereichs auf den Printbereich ein. „Durch die hohe Markenbindung der Hörer des Podcasts stern Crime konnte das Heft stern Crime einen Auflagenzuwachs von acht Prozent verzeichnen“, sagte von Heyl. Die Journalisten, die für das Printprodukt arbeiten, müssten „Journalismus neu lernen“, wenn sie für den Podcast stern Crime arbeiten. „Ein Interview in einem Podcast ist anders als ein Interview für eine Printpublikation“, führte von Heyl weiter aus.
Ole Reißmann, geschäftsführender Redakteur für redaktionelle Entwicklung beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel, stellte anschließend den Nachrichten-Podcast Spiegel Update vor. „Erste Befragungen von Nutzern ergaben, dass der ‚Newscast‘ die Kunden stärker an die Marke Der Spiegel bindet, weil sie uns hören“, erklärte Reißmann.