Audio-Gipfel – Innovationen, neue Player - der Audiomarkt in Bewegung

(Medientage, 2020) Neue Plattformen, andere Spielarten der Mediennutzung, automatisierte Vermarktung von Werbung, Phänomene  wie Sprachsteuerung,  individualisierbare  Inhalte oder Datenanalyse – und dann auch noch die Folgen der Corona-Pandemie: Das alles prägt zurzeit den digitalen Transformationsprozess der Audio-Branche. Und das alles war deshalb auch die mediale Kulisse beim digitalen Audio-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Dabei spielte das Thema Werbung eine zentrale Rolle. Sowohl in der Produktion als auch in der Vermarktung von Audioangeboten sei es sehr wichtig, so urteilten Expertinnen und Experten, dass öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftliche Anbieter auf nationaler Ebene Kooperationen eingehen. Um Werbespots zu verkaufen, bleibe pro-grammatische Werbung, also der automatisierte und individualisierte Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit, der Kern der Vermarktungsstrategie. Um diesen Kern von automatisiertem Einkauf und Ausspielung von Werbung herum werde auch Native Advertising eine Rolle spielen.

Aufgrund der Corona-Pandemie verzeichne der Markt für Audioangebote ein starkes Wachstum an Reichweite. Das habe zeitversetzt die Nachfrage von Werbetreibenden nach Werbeplätzen im Audiobereich erhöht, zeigten sich Branchen-Vertreter einig. Live-Hörfunk und Podcasts seien die Formate, die die Bedürfnisse der Menschen nach aktuellen und fundierten Informationen im Zusammenhang mit der Pandemieerfüllen würden und daher begehrte Werbeträger. Parallel werde der Markt für Audioangeboteweiterhin wachsen.

Ein Interview mit Harriet Scott und Ronan Keating, die gemeinsam für das britische Programm Magic Radio die Morningshow Magic Breakfast moderieren, eröffnete neue Perspektiven. Ronan Keating, der vor seiner Hörfunkkarriere als Mitglied der Boygroup Boyzone berühmt wurde, sieht es „als ein Privileg, Radio machen zu können“. Er schätze den persönlichen Kontakt zu den Zuhörern, „indem er seine Stimme an sie richte“. Auf die Frage der Interviewerin Jaqueline Belle, Moderatorin bei Bayern 3, wie er den Hörfunk der Zukunft sehe, sagte Keating, dass sich an den „Basics“ nichts ändern werde: „Zu den Leuten reden, ihnen zuhören und ehrlich sein. Das wird weiterhin gutes Radio ausmachen. Nur die Technik entwickelt sich immer weiter.“ Harriet Scott stellte fest, wie wichtig im Zuge der Corona-Pandemie Live-Sendungen für die Hörerinnen und Hörerseien, da sie „unmittelbaren Kontakt zu den Menschen herstellen“ könnten. „Ihre Stimme gibt uns Kraft weiterzumachen, hätten die Zuhörer ihr mitgeteilt“, erzählte die Moderatorin.

Tom Webster, Leiter der Audio-Forschungsabteilung bei der US-amerikanischen Firma Edison Research, stellte zu Beginn des Audio-Gipfels Ergebnisse einer Panel-Befragung zur Podcast-Nutzung in den USA vor. Er erklärte, dass das Panel so angelegt sei, dass 4.000 Personen alle 15 Minuten zu ihrem Hörverhalten befragt würden. „Seit 2014 hat sich die Anzahl der Podcastnutzer verdreifacht“, stellte Webster als bemerkenswerte US-Entwicklung heraus.

Die Audio-Inhalte, die in den USA am meisten konsumiert würden, seien Comedy und Sport. Im Laufe der Erhöhung der Anzahl von „Covid-19-Infizierten“ in den USA habe die Nutzung von Formaten, die religiöse und spirituelle Themen behandeln, stark zugenommen, sagte Webster am Ende seines Impulsreferats.

In der anschließenden Diskussion unterstrich Katja Marx, Hörfunkdirektorin beim Norddeutschen Rundfunk, dass der NDR-Podcast Coronavirus-Update mit dem Virologen Christian Drosten die Bedürfnisse der Menschen nach Fakten habe bedienen können. „Siebzig Millionen Aufrufe pro Sendung sind ein deutliches Zeichen“, argumentierte Marx. Da das Interesse des Publikums im Mittelpunkt stehe, müsse der NDR alles tun, um den Zuhörern die Inhalte zu liefern, die sie haben möchten, führte Marx weiter aus. Um an gute Inhalte zu kommen, seien auch Kooperationen wichtig, erklärte sie.

Als ein „Medium der Stunde“ bezeichnete Marianne Bullwinkel, Sprecherin der Geschäftsführung des Audio-Vermarkters RMS Radio Marketing Service, das „Live-Radio“. Seit Beginn der Pandemie seien die Buchungen von Werbespots entsprechend stark angestiegen. Es habe sich gezeigt, dass im „Live-Radio“ auch Image- und „Haltungskampagnen“ gut funktionieren würden, wenn „native mit programmatischen Werbeformaten“ kombiniert würden. „Auch in der Vermarktung ist es wichtig, Kooperationen einzugehen“, machte Bullwinkel deutlich.

Benjamin Risom, Vizepräsident von FYEO (For Your Ears Only), der Audio- und Podcast-Plattform der ProSiebenSat.1 Media SE, sagte, dass er bei der Vermarktung weiterhin auf den Verkauf von Abonnements setze. „Mit einem Abo gelangen unsere Zuhörer in den Premiumbereich für hochwertige Inhalte“, beschrieb Risomdie Grundlage der FYEO-Strategie. Damit die Nutzer von Audio-Angeboten alle Inhalte finden, die sie sich wünschen, sei es wichtig, „national mehr in Kooperationen zu denken“. In dem Zusammenhang erwähnte er eine mögliche Zusammenarbeit mit der ARD.

Kooperationen scheinen auch auf dem Werbemarkt ein Gebot der Stunde: Joe Pawlas, Geschäfts-führer von Antenne Deutschland, einem Gemeinschaftsunternehmen der Absolut GmbH & Co. KG und der Media Broadcast GmbH, erwähnte, dass Kooperationen den Audiomarkt für Werbekunden attraktiver machen würden. „Kooperationen machen es Advertisern leichter, Werbung zu buchen“, erklärte Pawlas und verwies auf die Zusammenarbeit mit der Ströer SE & Co. KGaA, einem Vermarkter von Online- und Außenwerbung. Antenne Deutschland ist Betreiberdeszweiten bundesweiten DAB+-Multiplexes, der am 5. Oktober startete.

Felix Kovac, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Antenne Bayern, erläuterte, wie er sein Unternehmen auf die Produktion „von digitalem Content“ ausrichte. Bei den Formaten liege der Fokus auf „klassischen Webstreams“ und Podcasts, „um die Digitalreichweite auszubauen“. Bei der Vermarktung der Inhalte setze er auf programmatische Werbung. „Programmatische Werbung ist die Nummer 1. Sie macht Werbung günstiger und planbarer“, lobte Kovac.