Die Zukunft der Sportübertragung

(Medientage, 2020) Die Einschränkungen, aber auch Chancen durch die Corona-Pandemie für Sportübertragungen standen im Vordergrund des ersten Sport-Gipfels der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Zu den weiteren Themen zählten die Dominanz des Fußballs im TV-Sportjournalismus und die neuen audiovisuellen Vertriebswege.

„Streaming in general is becoming bigger and bigger“, stellte Alex Green, Managing Director of Sport bei Amazon Prime Video in Europa, im Einführungsinterviewfest. Im Zuge dieses Wachstums werde auch immer mehr Sport auf dem digitalen Verbreitungsweg gezeigt. Allerdings gebe es weltweit nur wenige Sportarten, die länderübergreifend vermarktet werden könnten, denn der Geschmack des Publikums unterscheide sich regional deutlich. Allein die Spiele der National Football League (NFL) in den USA würden daher derzeit von Amazon weltweit gezeigt. Auch in Deutschland setzt der US-Konzernvor allem auf Highlights wie die Video-Rechte an der Champions League und der Bundesliga im Fußball. Mit Dokumentationen rund um den Sport, berichtete Alex Green, könnten zudem Nicht-Fans angesprochen und die spielfreien Zeiten überbrückt werden.

Die Erfahrungen mit dem ersten Lockdown standen im Fokus der Diskussionsrunde, die von der Eurosport-Moderatorin Anna Kraft geleitet wurde. Trotz der erheblichen Einschränkungen hat Daniel von Busse, Chief Operation Manager für den TV-Bereich und Mitglied der Geschäftsleitung bei Sport1, daran gearbeitet, mit mehr als siebzig Vereinen und Verbänden audiovisuelle Produkte zu entwickeln. Das Münchner Medienhaus nutze eine breite Vielfalt an Ausspielkanälen, klar sei aber: „Der Live-Charakter differenziert Sport von anderen Medienangeboten“, erklärte von Busse. Werner Starz, Direktor für den Bereich Produktentwicklung bei Eurosport, bezeichnete die Pandemie als „Riesen-Katalysator“, um näher an verschiedene Sport-Communities heranzukommen.

Der Sportexperte und ehemalige Sky-Manager Thomas Deissenberger beschrieb die Vorrangstellung von Fußball in Deutschland und warnte davor, dass andere Sportarten darüber vergessen werden könnten. Auch die Fragmentierung der Rechte berge Gefahren: „Es muss einfacher werden, speziell Fußball zu konsumieren.“ Im anschließenden Interview erläuterte Thomas Portdie Pläne von Sat.1, in der kommenden Saison wieder Fußball-Bundesliga zu zeigen. Ziel sei es, die Brücke „Entertainment meets Interaction“ neu zu gestalten und damit eine jüngere Zielgruppe für den Fuß-ball zu begeistern, sagte der Geschäftsführer von Seven.One Sports. Er bezeichnete zudeme Sports als einen „Mega-Gewinner“. Die sendereigene Plattform eSports.com werde daher europaweit expandieren.  Auch die TV-Rechte an der NFL seien wichtig für die ProSiebenSat.1 Group, betonte Thomas Port.

Christian Pfennig, Mitglied der Geschäftsleitung bei der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH, stellte die neue „Taskforce Zukunft Profifußball“ vor. Erstmals versammeln sich dabei Expertinnen und Experten aus Sport, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an einem Tisch zum Dialog. Pfennigbetonte die Bedeutung des Fußballs für die Gesellschaft, schränkte aber auch ein: „Fußball ist ein Geschäft, Fußball ist nicht systemrelevant.“

Jacques Raynaud, Executive Vice President Sports bei Sky Deutschland, belegte die Beliebtheit mit Zahlen: So habe der Restart der Bundesliga mit 6,6 Millionen Zuschauern im frei empfangbaren Fernsehen bei Sky eine außerordentliche Reichweite erzielt. Sky wolle daher optisch und journalistisch auch weiterhin das beste Produkt anbieten, betonte Jacques Raynaud. Über die Bundesliga-Pläne der ARD berichtete deren Sportkoordinator Axel Balkausky. Bei der aktuellen Rechtevergabe habe die ARD ihr Engagement für die 1. und 2. Liga ausgeweitet, um auf allen Vertriebswegen präsent zu sein und auch jüngere Nutzer anzusprechen.

Wie sich Frauen in der Sportberichterstattung behaupten, war Thema in der abschießenden Diskussionsrunde beim Sport-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Die BR-Sportjournalistin Ulla Holthoff etwa berichtete, es gebe für die TV-Sportberichterstattung deutlich weniger Bewerbungen von Frauen als von Männern. Gleichzeitig seien hinter den Kulissen zahlreiche Frauen etwa als Regisseurin oder Sendeleiterin tätig, und auch im Hörfunk sei man auf einem besseren Weg. „Es ist entscheidend, den Sport zu lieben und zu wissen, wovon man spricht“, empfahl Ulla Holthoff allen potenziellen Berufseinsteigerinnen.

Für eine fundierte Ausbildung plädierte Britta Hofmann. Die Moderatorin von Sky Sportsagte, der „andere Blickwinkel“ von Frauen sei auch eine Chance im Austausch mit den Männern in der Sportredaktion. Das bestätigte Sport1-ModeratorinLaura Papendick. Im Motorsport, nach ihren Erfahrungen eine „Macho-Domäne“, würden Frauen akzeptiert, wenn sie ihre Arbeit von der Pike auf gelernt hätten. „Viele junge Frauen wollen vor die Kamera, haben aber vergessen, dass dahinter eine journalistische Ausbildung steht“, erläuterte Papendick mit einem rhetorischen „Seitenhieb“ auf die Influencer-Branche.